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Eine Wohngruppe von außen

Schutzkonzept

1. Leitbild

„Kinder und Jugendliche haben Rechte!“
Kinder und Jugendliche sind Grundrechtsträger und haben somit u.a. ein Recht darauf, ihre Persönlichkeit frei zu entfalten, sich eine Meinung zu bilden und diese frei zu äußern sowie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Gesetzlich verankert sind die Rechte von Kindern und Jugendlichen im Kinder-¬ und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) sowie als völkerrechtliche Verpflichtung in der UN-Kinderrechtskonvention. Festgeschrieben sind dort u.a. die Rechte auf Förderung, Partizipation, Anspruch auf Schutz, insbesondere den Schutz vor körperlicher, seelischer und sexualisierter Gewalt.

In der täglichen Arbeit nehmen wir die jungen Menschen in all ihren Äußerungen ernst. Wir ermutigen sie, ihre Gefühle und Gedanken auszudrücken, auch und gerade dann, wenn sie sich ungerecht behandelt oder benachteiligt fühlen.

Wir unterstützen sie beim Äußern von Kritik und Beschwerden, indem wir eine verlässliche Atmosphäre schaffen, die ihnen dabei hilft, ihre Anliegen vorzubringen.

Die Tüllinger Höhe soll ein sicherer Ort sein, der für Geborgenheit und Sicherheit in einer immer komplexer werdenden Welt steht.

Diese Leitgedanken bilden die Basis unseres Schutzkonzeptes. Ziel ist es, den präventiven und intervenierenden Kinderschutz zu optimieren, allen Formen von Gewalt vorzubeugen und unsere Mitarbeitenden bei der Umsetzung ihres Schutzauftrags zu unterstützen. Hier geht es sowohl um den Schutz vor Gewalt durch das Personal, als auch durch andere Kinder bzw. Jugendliche und Dritte.

2. Begriffsdefinition

Im Schutzkonzept der Tüllinger Höhe, Fachdienst für Kind und Familie e.V., geht es um alle Formen von Gewalt. Neben der Gewalt von Mitarbeitenden an den jungen Menschen ist ebenso die Gewalt unter den jungen Menschen von großer Relevanz und auch die Frage nach dem Umgang mit vermuteten Kindeswohlgefährdungen durch Außenstehende (§8a SGB VIII - Meldung). Zu beachten ist, dass die verschiedenen Gewaltformen oftmals nicht losgelöst voneinander stattfinden, sondern sich teils wechselseitig bedingen und / oder gleichzeitig geschehen.

Es muss zwischen Fehlverhalten, Grenzverletzungen, Übergriffen und sexuellem Missbrauch oder sexueller Gewalt unterschieden werden.

Die Dauer, die Intensität und die Häufigkeit des Fehlverhaltens sind wesentliche Indikatoren für die Bewertung von Fehlverhalten.

Bei der Bewertung dessen, was als Fehlverhalten zu betrachten ist, sind situative, soziale und emotionale Kontexte zu beachten. Dies darf jedoch das Ansprechen von Fehlverhalten nicht verhindern.

Die Definitionen im Folgenden sind als Richtschnur und zur Orientierung gedacht:

Fehlverhalten 
Darunter fällt bewusstes Nichtagieren (in Situationen, die einer Reaktion bedürfen), pädagogisch unsinniges (nicht nachvollziehbares) Verhalten, unkontrolliertes, nicht kontextbezogenes Ausagieren (Schreien, Brüllen, …) eigener Stimmungslagen sowie Verhalten, das der Befriedigung der eigenen Bedürfnisse dient und die Bedürfnisse und Interessen der Schutzbefohlenen außer Acht lässt.

Grenzverletzungen passieren im Zusammenleben täglich und oft aus Unachtsamkeit. Grenzverletzungen sind meist unbeabsichtigt. Sie sind korrigierbar, wenn der Respekt vor demjenigen besteht, der / die verletzt wurde.

Übergriffe sind Grenzverletzungen, die gewollt, geplant oder bewusst toleriert werden und sich wiederholen. Sie dienen der eigenen Macht, dem eigenen Vorteil auf Kosten von Schwächeren und dürfen nicht vorkommen.

Physische und psychische Gewalt 
Mit physischer Gewalt werden alle Formen der körperlichen Gewaltausübung beschrieben. Strafrechtlich werden gewaltvolle Verletzungen des Körpers als körperliche Misshandlung oder Schädigung der Gesundheit definiert (StGB § 223).

Hierzu lassen sich beispielsweise zählen: Schläge, Schütteln, Verletzungen, die mit einer Waffe zugefügt werden, körperliche Vernachlässigungen, Verbrennungen, Verbrühungen, Unterkühlungen, Vergiftungen etc.

Anders als bei physischer Gewalt steht bei der psychischen Gewalt nicht der Körper im Fokus der Gewaltausübung, sondern das innere Empfinden und Erleben eines jeden Menschen. Oftmals wird auch von seelischer oder emotionaler Gewalt gesprochen. Beispiele für Formen psychischer Gewalt sind Demütigungen bzw. Beschämungen, Beleidigungen, Ablehnungen, Ängstigungen, Terrorisierungen, Isolierungen, Überforderungen, Mobbing, seelische Vernachlässigungen und Stalking.

 

Sexueller Missbrauch oder sexuelle Gewalt an jungen Menschen ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor jungen Menschen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit oder emotionaler Abhängigkeit nicht autonom zustimmen können. Der Täter oder die Täterin nutzt dabei seine / ihre Macht- und Autoritätsposition oder das vom jungen Menschen entgegengebrachte Vertrauen aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des jungen Menschen zu befriedigen. Hierzu zählen jegliche sexuellen Handlungen, nicht nur sexualisierte Körperkontakte oder exhibitionistische Handlungen, sondern auch die Konfrontation der jungen Menschen mit Pornografie und sonstigen sexuell geprägten Äußerungen oder Gesten.

3. Rechtliche Grundlagen

Unser Schutzkonzept basiert auf folgenden rechtlichen Grundlagen:

  • UN-Kinderrechtskonvention
  • Sozialgesetzbuch VIII
  • § 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe
  • § 8 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
  • § 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung

Die entsprechenden Texte dazu befinden sich im Anhang 1.

4. Personalverantwortung

4.1. Personalauswahl / Einstellungsverfahren 
Die Personalauswahl obliegt der Tüllinger Höhe. Bei der Auswahl von unseren Mitarbeitenden prüfen wir nach § 72a SGB VIII durch die Sichtung des aktuellen und erweiterten Führungszeugnisses, dass keine einschlägigen Vorbestrafungen vorliegen. Darüber hinaus muss das Führungszeugnis in regelmäßigen Abständen in aktueller Version vorgelegt werden. Im Bereich Vollstationäre Wohngruppen, Tagesgruppen und Schulkindergarten arbeiten ausschließlich Mitarbeitende gemäß dem Fachkräftekatalog des KVJS (Kommunalverband für Jugend und Soziales – Landesjugendamt).

Im Bereich der Schule arbeiten Lehrkräfte mit unterschiedlichen Qualifikationen (Sonderschule, Grundschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium), sowie vom Regierungspräsidium Freiburg anerkannte Mitarbeitende ohne Staatsexamen im Lehramt.

4.2. Einarbeitung 
Kinderschutz fängt unserer Auffassung nach bei jedem einzelnen Mitarbeitenden an. Aus diesem Grund erhält jede/r neue Mitarbeitende im Rahmen seiner / ihrer Einarbeitung eine Einführung zum Thema „Kinderschutz“. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema ermöglicht den Fachkräften, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren, eigene Denkmuster und Handlungen zu analysieren und zu hinterfragen.

4.3. Fallbesprechungen, Fort- und Weiterbildungen
Die Leitung sowie die Mitarbeitenden brauchen Zeit und fachliche Angebote, um sich mit dem Thema „Kinderschutz“ auseinanderzusetzen. In den wöchentlich stattfindenden interdisziplinären Fallgesprächen bieten wir den Mitarbeitenden die Möglichkeit, pädagogisches Handeln zu reflektieren und sich fallspezifisch mit den Fragen des Kinderschutzes zu beschäftigen. Darüber hinaus werden interne wie auch externe Fortbildungen zum Thema Kinderschutz angeboten. Hier werden beispielsweise Themen wie „Macht und Machtmissbrauch“, „Nähe und Distanz“ und „Täterstrategien“ behandelt. 

4.4. Klare Vorgaben bei eigenen oder beobachteten Grenzüberschreitungen
Es gibt verschriftlichte Vorgaben über die Verfahrensweise bei eigenen oder beobachteten Grenzüberschreitungen. Die Tüllinger Höhe als Arbeitgeber und gleichzeitig als Jugendhilfeträger verpflichtet sich, Vorfälle einer Grenzüberschreitung direkt bei dem zuständigen Jugendamt zu melden. Der Kinderschutz hat Vorrang gegenüber der Kollegialität.

5. Verhaltenskodex

Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter der Tüllinger Höhe verpflichtet sich selbst, die Leitgedanken der Einrichtung sowie die Standards zum Kinderschutz als verbindlich anzuerkennen.

Die Standards zum Kinderschutz umfassen:

  • Wertschätzung und Unterstützung aller Kinder und Jugendlichen
  • Achtung der Grenzen
  • Schutz der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Der entsprechende Verhaltenskodex und die Selbstverpflichtungserklärung befinden sich in Anhang 2.

6. Fortbildungen

Fortbildung 1 für alle neuen Mitarbeitenden:

  • Heilpädagogischer Alltag, Schutzauftrag, Heilpädagogische Haltung, Partizipation
  • Diagnostik, Therapie, Beratung, Krisenintervention
  • Zusammenarbeit, Kommunikation

Fortbildung 2 für alle (neuen) pädagogischen Mitarbeitenden:

  • Fallverstehen
  • Heilpädagogische Standards
  • Kinderschutz, Kinderrechte, Partizipation
  • Not und Krise, Selbstfürsorge
  • Elternarbeit / Hilfeplanung

Regelmäßige externe und interne Fortbildungen für alle Bereiche, insbesondere auch im Bereich Kinderschutz.

7. Präventionsmaßnahmen

7.1. Prävention auf der Ebene der Mitarbeitenden
Die folgenden präventiven Schutzmaßnahmen sind fest implementierte Bestandteile unserer Arbeit:

  • Bewerbungsgespräche werden zu zweit geführt und im Bewerbungsgespräch findet das Thema Kinderschutz und Schutzkonzept Berücksichtigung.
  • Mitarbeitende unterschreiben bei Einstellung die Selbstverpflichtungserklärung (siehe Anhang). Diese wird im Rahmen der o.g. Fortbildungen regelmäßig thematisiert.
  • Mitarbeitende müssen bei Einstellung ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis gemäß § 30 BZRG vorlegen, das nicht älter als drei Monate sein darf. Dieses muss nach fünf Jahren aktualisiert der Tüllinger Höhe vorgelegt werden. Hierzu werden die Mitarbeitenden von der Personalverwaltung aufgefordert.
  • Transparente und definierte Meldewege für Mitarbeitende (siehe Anhang)
  • Jede/r Mitarbeitende erhält eine ausführliche Einarbeitung mit regelmäßigen Einarbeitungsgesprächen. Das Schutzkonzept und die jeweiligen Meldewege sowie die Information zum Ampelsystem und den Beteiligungsmöglichkeiten der jungen Menschen sind fester Bestandteil dieser Gespräche.
  • Regelmäßig stattfindende Team- und Beratungsgespräche
  • Transparente Zusammenarbeit im Team sowie offene und wertschätzende Kommunikation
  • Achtung der Privatsphäre der jungen Menschen
  • Mindestens einmal pro Jahr Austausch und Fortbildung zu den Inhalten des Schutzkonzepts, verpflichtend für alle Mitarbeitende aus dem Bereich Vollstationäre Wohngruppen.
  • Verpflichtende Teilnahme an der Informationsveranstaltung zum Thema Kinderschutz im Rahmen des Einarbeitungskonzepts für den Vollstationären Wohngruppenbereich.
  • Wiederkehrende verpflichtende Fortbildungen

7.2. Partizipation
In den Wohn- und Tagesgruppen der Tüllinger Höhe werden die Kinder und Jugendlichen von Beginn an am Hilfeplanprozess beteiligt.

Im Alltag gibt es regelmäßig - gruppenintern und gruppenübergreifend - stattfindende Treffen, wie das der Gruppensprecher*innen, in denen die Anliegen der Kinder und Jugendlichen angehört und gemeinsam Absprachen und Entscheidungen getroffen werden.

Für die genaueren Ausführungen in den Bereichen der Wohngruppen und der Tagesgruppen klicken Sie bitte folgende Links an:

Partizipationskonzept Tagesgruppen

Partizipationskonzept Wohngruppen 

Im SBBZ ESENT
Jeder Schülerin und jedem Schüler werden im Schulalltag Gelegenheiten zur Partizipation ermöglicht. Fest verankerte und ritualisierte Abläufe sind:

  • Sozialtraining mit Feedback-Runde in jeder Klassenstufe
  • Wahl der Klassensprecher*innen in jeder Klasse
  • Regelmäßig stattfindendes Schulparlament (getrennt nach Grund- und Hauptstufe)
  • Wahl der Schülersprecher*innen im Schulparlament

Im Schulkindergarten

  • Konventionelle politische Partizipation: Die Kinder stimmen demokratisch über verschiedene Tagesaktivitäten ab, können aus mehreren Antworten / Vorschlägen wählen, was sie tun möchten, bekommen den Raum, um sich anderen Kindern und Erwachsenen mitzuteilen. Beispiel: Ausflugsroute wird zusammen mit den Kindern beschlossen usw.
  • Morgenkreis: „Wie war der Tag für DICH?“ Das Kind kann offen mitteilen, was gut oder schlecht war. Alle hören zu. Zusammen wird nach einer Lösung für eventuelle Probleme gesucht und darüber abgestimmt.

Den Kindern eine zu Stimme geben, stärkt deren Selbstbewusstsein und lässt sie Wertschätzung und Selbstwirksamkeit erleben

Die Bereitstellung von Beschwerdemöglichkeiten dient der Gewaltprävention und dem Schutz jedes Kindes.

WICHTIG: Beschwerden, die sich auf Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung durch das Verhalten von Eltern, Fachkräften oder andere Personen beziehen, erfordern eine besondere Vorgehensweise – Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII (Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung)

7.3. Beschwerdeverfahren

In den Wohngruppen

  • Gruppenrunden

In jeder Wohngruppe werden wöchentlich Gruppenrunden abgehalten. Im Rahmen der Gruppenrunden können Konflikte, Wünsche und Anregungen, Befindlichkeiten sowie Organisatorisches diskutiert und besprochen werden.

  • Gruppensprecher*innen

In jeder Wohngruppe wird zu Beginn des Schulhalbjahres ein*e Gruppensprecher*in gewählt. Die Gruppensprecher*innen haben die Aufgabe, die Anliegen der jungen Menschen aus den wöchentlich stattfindenden Gruppenrunden bei den monatlichen Treffen des Kinder- und Jugendrats zu vertreten, aktuelle Themen in das Gremium einzubringen und den jungen Menschen aus den jeweiligen Wohngruppen wiederum Rückmeldung zu geben.

  • Kinder- und Jugendrat

Die Gruppensprecher*innen treffen sich regelmäßig (alle vier bis fünf Wochen) im Kinder- und Jugendrat mit der Pädagogischen Leitung. Durch den Kinder- und Jugendrat sollen die Gruppensprecher*innen als Vertretende ihrer Wohngruppe die Möglichkeit bekommen, sich für ihre Interessen und Rechte zu engagieren und aktiv zu werden. Sie sollen lernen, Verantwortung zu übernehmen sowie Mitsprache bei Themen, die sie betreffen, einzufordern. Bei den Treffen haben sie die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen und Lösungsideen vorzubringen sowie Themen aktiv voranzutreiben. Unterstützt werden sie dabei von der Pädagogischen Leitung.

In den Tagesgruppen
Neben der Möglichkeit der Kinder und Jugendlichen, sich jederzeit mit ihren Anliegen an die Mitarbeitenden wenden zu können, gibt es in der Außenstelle Beuggen den institutionalisierten Rahmen des Schulparlamentes und der täglichen Gesprächsrunden (siehe „Partizipation“).

Im SBBZ ESENT
Alle Schülerinnen und Schüler am SBBZ ESENT der Tüllinger Höhe werden transparent über die verschiedenen Möglichkeiten für Beschwerden innerhalb der Einrichtung informiert.

Die verschiedenen Stufen des Beschwerdemanagements umfassen:

  • Die Feedback-Runde im Rahmen des fest im Schulkonzept verankerten Sozialtrainings als erste und niederschwellige Möglichkeit, Konflikte in der Klassengemeinschaft anzusprechen und zu klären. 
  • Vertrauliche Gespräche mit der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer als weitere niederschwellige Unterstützungsmöglichkeit.
  • Bei Bedarf können Gesprächen mit der Schulleitung vom Klassenlehrerteam oder direkt von den Schülerinnen und Schülern eingefordert und initialisiert werden.
  • Postfächer am Empfang (Schulleitung, Wohn- und Tagesgruppenleitung, Psychologisch-Therapeutische Abteilung) dienen als Möglichkeit, anonym Beschwerden zu platzieren.

Im Schulkindergarten
Wie können sich noch sehr junge Kinder beschweren?

Kinder haben viele Sprachen – sie müssen verstanden, wahr- und ernst genommen werden. Für die Äußerung von Beschwerden gibt es kein Mindestalter und keine verbal-sprachliche Voraussetzung. Daher ist es für die pädagogischen Fachkräfte eine besondere Herausforderung, die Unmutsäußerungen der Kinder wahrzunehmen.

 Dazu bedarf es:

  • Vertrauensvolle Atmosphäre und Sicherheit in der Einrichtung sowie eine gute Beziehung und Bindung
  • Feinfühligkeit der Mitarbeitenden: Körpersprachliche Hinweise wie Mimik und Gestik beachten
  • Wertschätzung den Kindern gegenüber: Den Kindern auf Augenhöhe begegnen, die Kinder ernst nehmen

Wer nimmt die Beschwerden an?

  • Wir alle!
  • Alle müssen wissen, wo und bei wem kann ich mich beschweren (Bezugserziehende, Leitungskräfte, Sonderschullehrer/innen)
  • Kinder sollten sich überall und allen gegenüber beschweren dürfen. 
  • Tägliche Morgenkreise bieten Möglichkeiten zur Beschwerde 
  • Freunde aus dem Kindergarten
  • Eigene Eltern, welche die Beschwerde / Anliegen von ihren Kindern an die Fachkraft oder die Leitung weitergeben 

Wichtig ist: In der täglichen Arbeit mit den Kindern werden Beschwerden ernst genommen und gemeinsam besprochen.

8. Intervention / Notfallplan

Grundlagen der kollegialen Zusammenarbeit
Durch klare Strukturen, Abläufe und offene Kommunikation kann Fehlverhalten verhindert werden und, wenn es dennoch vorkommt, schnell erkannt und beendet werden. Es kann schwierig sein, sexuelle Übergriffe und seelische wie körperliche Gewalt innerhalb der eigenen Reihen wahrzunehmen und die Ausübenden zur Verantwortung zu ziehen. Diejenigen, die etwas mitbekommen, trauen zunächst ihrer eigenen Wahrnehmung nicht, sind erschrocken, verunsichert und in ggf. Loyalitätskonflikten gefangen. Ohnmachtsgefühle oder auch blinder Aktionismus verhindern eine sinnvolle Hilfe für die Betroffenen.

Nur durch die offene Bearbeitung und Kommunikation von Fehlverhalten kann größtmögliche Sicherheit und Schutz der uns anvertrauten jungen Menschen aber auch der Mitarbeitenden gewährleistet werden. Es ist wichtig, dass darüber gesprochen wird. Dabei geht es zunächst um einen offenen Austausch und eine Situationsklärung, nicht um Kontrolle.

Zentrale Punkte in der Zusammenarbeit sind:

  • Im beruflichen Kontext gibt es keine Geheimnisse
  • Kollegialität hat Grenzen
  • Aufmerksam sein und der eigenen Wahrnehmung trauen
  • Ungute Gefühle ernst nehmen, ansprechen und für Klärung sorgen
  • Transparenz herstellen bezüglich potenziell besonderer Beziehungen von Mitarbeitenden zu einzelnen jungen Menschen (Bevorzugung oder Benachteiligung, Sonderregelungen, Geschenke, private Kontakte)

Es ist wichtig, dass von „falscher“ Solidarität Abstand genommen wird, Geheimhaltung unterbunden wird und möglichst offen mit der Thematik umgegangen wird.

Abläufe, Dokumentation und Meldewege 
In jedem Verdachtsfall auf Kindeswohlgefährdung ist der Leitfaden

- Kinderschutzauftrag nach KJHG § 8a (SGB VIII) -
für alle Mitarbeitenden der Tüllinger Höhe als Handlungsmodell maßgeblich.

Kinderschutzfachkräfte („Insoweit erfahrene Fachkräfte“) innerhalb der Einrichtung, die zur Durchführung einer Risikoanalyse hinzugezogen werden können, sind:

  • Frau Schmidt (Schulkindergarten)
  • Frau Waldhausen (TG)
  • Frau Kremers (PTA)
  • Herr Veit (SBBZ ESENT)

Präventionsbeauftragte
innerhalb der Einrichtung, die zur Beratung hinzugezogen werden können, sind:

  • Frau Jacob (SBBZ ESENT, Außenstelle Beuggen)
  • Herr Veit (SBBZ ESENT)

Sexualisierte Gewalt
Bei akuten Verdachtsfällen bezüglich sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche unserer Einrichtung sind generell folgende 3 Schritte zu beachten:

  1. Sicherung des betroffenen Kindes
  2. Information der pädagogischen bzw. der Schulleitung
  3. Gemeinsame Absprachen bezüglich Dringlichkeit und weiterer Schritte

Ausführliche Handlungsleitfäden für das Vorgehen bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt befinden sich in einem den Mitarbeitenden intern zugänglichen Ordner. Verlinkung zum „öffentlichen“ Ordner.

Dabei werden folgende Fälle unterschieden:

  • Vorgehen bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt durch Kinder und Jugendliche
  • Vorgehen bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt und sexuellen Missbrauch durch Personal gegenüber Kindern und Jugendlichen
9. Anhang

Anhang 1: Die rechtlichen Grundlagen

UN-Kinderrechtskonventionen:
Laut der UN-Rechtskonventionen hat jedes Kind und jede/r Jugendliche/r

ein elementares Recht auf …

  1. Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung unabhängig von Religion, Herkunft und Geschlecht
  2. einen Namen und eine Staatszugehörigkeit
  3. Bildung und Ausbildung
  4. Gesundheit
  5. Freizeit, Spiel und Erholung
  6. sich zu informieren, sich mitzuteilen, gehört zu werden
  7. eine Privatsphäre und eine gewaltfreie Erziehung im Sinne der Gleichberechtigung und des Friedens
  8. eine Familie, elterliche Fürsorge und ein sicheres Zuhause
  9. Betreuung bei Behinderung

Sozialgesetzbuch VIII:

§ 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe

(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.

[…]

(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere

1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,

2. jungen Menschen ermöglichen oder erleichtern, entsprechend ihrem Alter und ihrer individuellen Fähigkeiten in allen sie betreffenden Lebensbereichen selbstbestimmt zu interagieren und damit gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können,

3. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen,

4. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für Ihr Wohl schützen,

5. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.

§ 8 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Familiengericht und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen.

(2) Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden.

(3) Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Beratung ohne Kenntnis des Personensorgeberechtigten, wenn auf Grund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist und solange durch die Mitteilung an den Personenberechtigten der Beratungszweck vereitelt würde. § 36 des Ersten Buches bleibt unberührt.

(4) Beteiligung und Beratung von Kindern und Jugendlichen nach diesem Buch erfolgen in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form.

§ 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung

(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistung nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass

1. deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,

2. bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrende Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie

3. die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellte wird. In die Vereinbarung ist neben den Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen Fachkraft insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

Anhang 2: Selbstverpflichtungserklärung und Verhaltenskodex
Kinderrechte und Kinderschutz (diakonie-baden.de)